Archive: Dezember 2023
Rede zum Kreishaushalt 2024 Von Gerd Maisch, Stellvertretender Fraktionsvorsitzender
Sehr geehrter Herr Landrat Allgaier,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
wir werden heute den Haushaltsplan für das kommende Jahr beschließen, er wurde in den Fachausschüssen beraten, aktualisiert, und ist heute beschlussreif.
Vielen Dank für die gute Grundlage, die die Verwaltung erarbeitet hat und die konstruktiven Beratungen in den Ausschüssen.
Trotz dieser guten Arbeit haben wir leider keinen guten Haushalt für das kommende Jahr. Wir veranschlagen ein Defizit, ein negatives ordentliches Ergebnis in Höhe von über 58 Millionen Euro, einen Zahlungsmittelbedarf von über 38 Mio. Euro, eine Nettokreditaufnahme von rund 20 Mio. Euro.
Das sind keine guten Zahlen, wir leben von der Substanz, die wir uns zum Glück in den vergangenen Jahren erarbeitet haben. Deshalb ist es richtig, den Haushaltsplan in dieser Form zu beschließen.
Wann, wenn nicht in schwierigen Zeiten, zehrt man von den Reserven?
Lassen Sie mich zunächst einzelne Themenbereiche aus unserem Aufgabenspektrum kurz beleuchten.
Schulen
Unsere Schulen sind in einem sehr guten Zustand, wir haben in den vergangenen Jahren viel investiert. Und wir setzen dies fort. Rund 4,7 Mio. € stellen wir für Investitionen bereit.
Abfallbeseitigung
Wenn man die Preissteigerungen in der vergangenen Zeit bedenkt, ist es bemerkenswert, dass wir für die Privathaushalte die Gebühren stabil halten können.
Da sind wir also in ruhigem Fahrwasser.
Anders bei den Deponien. Da hat der vom Landkreis auf den Weg gebrachte Suchlauf für eine neue Deponie zu sehr viel Verunsicherung geführt. Der Suchlauf ist ja zwischenzeitlich ausgesetzt, weil für verschiedene Abfallarten die Region zuständig ist. Nachdem 25 Jahre der Landkreis die Entsorgung für die ganze Region übernommen hat, muss dies zukünftig anders erfolgen.
Wir bringen heute einen Antrag ein, den Suchlauf durch den Landkreis ganz zu beenden. Die Deponiekapazitäten für den Abfall, für den der Landkreis verantwortlich ist, reichen noch viele, viele Jahre.
ÖPNV und Straßen
2024 werden fast 53 Mio.- € netto für den ÖPNV veranschlagt. Das sind rund 10 Mio. € oder über 20% mehr als 2022!
Wir bekennen uns zu einem guten ÖPNV im Landkreis, er ist wichtig, muss aber auch finanzierbar sein.
Stichwort Deutschland-Ticket!
Es ist fatal, dass Bund und Länder die Finanzierung nur für ein Jahr vereinbart haben.
Es ist geradezu peinlich, wie sich der Bund hier verhält.
Er hat bestellt und will nun nicht bezahlen!
Wir erwarten vom Bund endlich sein Bekenntnis zum Deutschland Ticket.
Sonst wird das Deutschland-Ticket sterben! Im Kreis Stendal gilt es ab Januar nicht mehr!
Natürlich ist die Schaffung von neuen Schienenverbindungen ein weiterer Baustein der Verkehrswende.
Nur Schlagworte:
- Stadtbahn Ludwigsburg – die LUCIE, Dank an Herrn von Meißner und seinem Team für die geleistete Arbeit!
- die Bottwartalbahn
- die Stadtbahn zwischen Ludwigsburg und Waiblingen
Wir wissen, es gibt noch viele Themen im ÖPNV
Verhältnismäßig bescheiden sind die Investitionen des Landkreises in das Straßen- und Radwegenetz. Wir begrüßen die geplanten Maßnahmen, insbesondere freuen wir uns, dass bei der K 1669 wahrscheinlich nun doch auch der notwendige und sinnvolle mittlere Streckenabschnitt gelingen kann.
Sozialhaushalt
Der Sozialhaushalt ist mit rund 551 Mio. € der größte Bereich im Haushalt. Im laufenden Jahr sind es 460 Mio., also eine Steigerung um 90 Mio. €. Eine Entwicklung, die der Kreis nicht auf Dauer leisten kann!
Kliniken
Die Kliniken habe ich nicht vergessen, aber angesichts der Zeit muss ich Sie um Geduld bis zum nächsten Tagesordnungspunkt bitten.
Klimaschutz
Der Klimaschutz ist ein Thema, das uns weiterhin sehr stark beschäftigen wird, beschäftigen muss.
Das Thema „Klimaschutz“ stand folgerichtig regelmäßig auf der Tagesordnung des Kreistages und seiner Ausschüsse.
Die Freien Wähler werden auch in den kommenden Jahren die Verwaltung dabei unterstützen, die dem Klimaschutz dienenden Projekte voranzutreiben.
Gesamtbewertung
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Gesamtschau auf den Haushalt 2024 und der Ausblick auf die kommenden Jahre machen uns Sorgen.
Nicht, weil wir im Kreistag falsche Entscheidungen getroffen haben, nein, weil unser System wankt, und nicht gegengesteuert wird.
Wenn wir wie im kommenden Jahr 60 Mio. € mehr Einnahmen haben als wir noch vor Jahresfrist erwartet haben und trotzdem einen defizitäreren Haushalt haben, weil wir 100 Mio. € Mehrausgaben haben, dann haben wir ein Problem!
Wenn wir unsere Stellenzahl immer weiter erhöhen, das Landratsamt ist mit rund 1.700 Stellen zwischenzeitlich eine Mammutbehörde, und es trotzdem nicht reicht.
Wenn unsere Kliniken trotz aller Anstrengungen Defizite im laufenden Betrieb machen, wie übrigens 80% der Krankenhäuser in Deutschland.
Wenn das alles so ist, dann haben wir in diesem Land ein grundsätzliches Problem.
Grüne und Linke im Kreistag meinen, dieses Problem über die Kreisumlage lösen zu können.
Wir sind darüber mehr als verwundert, denn sie müssten doch die Situation der Kommunen kennen, die meisten von Ihnen sind doch auch Mitglied in einem Gemeinderat. Nur noch eine Handvoll unserer Kommunen haben ausgeglichene Haushalte.
Die beantragte Erhöhung hilft dem Landkreis nicht wirklich, den Kommunen würde sie sehr weh tun. Das ist der falsche Weg.
Für die Reparatur von Systemfehler ist die Kreisumlage nicht gedacht!
Was ist erforderlich
Eine schnelle Lösung durch die Landesregierung und insbesondere durch die Bundesregierung. Und da liegt das eigentliche Problem. Die Bundesregierung kennt die Probleme – hoffe ich zumindest – aber sie trägt wenig zur Lösung bei.
Beispiel Bürokratieabbau: In jeder Rede drin, die tägliche Erfahrung ist das Gegenteil, nicht nur im öffentlichen Bereich, sondern auch in der freien Wirtschaft. Praktisch jeden Tag kommt eine neue Vorschrift mit zusätzlichen Aufwand, finanziell und personell.
Wenn ich die Parteitage der letzten Wochen verfolgt habe, dann nehme ich von dort nur wahr: „Wir machen alles richtig“. Wollen unsere Verantwortlichen in der Regierung die Realität nicht erkennen oder sind sie so abgehoben, dass sie nicht mehr in der Lage dafür sind?
Es geht nicht nur um Bürokratieabbau, sondern um mehr. Wenn wir es in diesem Land nicht schaffen, den Staat schnell und klar zu reformieren, dann werden die Probleme noch größer und die Ergebnisse schlimmer. Ergebnisse, die fast alle in diesem Raum nicht wollen.
Mein Appell ist deshalb klar, handeln Sie schnell, eine gewisse Zeit können wir im Kreis noch überbrücken. Aber eben nur noch eine gewisse Zeit.
Dem Haushaltsplan 2024 stimmen wir zu, wir danken der Verwaltung und allen Mitarbeitenden des Landkreises für die geleistete Arbeit auch in diesem Jahr.
Kreisrat Jan Trost zum Wirtschaftsplan 2024 der Kliniken
Sehr geehrter Herr Professor Martin,
sehr geehrter Herr Landrat Allgaier,
meine sehr geehrte Damen und Herrn,
Wirtschaftskrise, Bildungskrise, Klimakrise, Regierungskrise, Krise im Pflegebereich – wenn man sich die ganzen aktuellen Krisen zu sehr zu Herzen nimmt, hat man schnell selbst eine persönliche Krise. Dabei kann einem schnell die Hoffnung für eine bessere Zukunft verloren gehen.
Wie wir bereits im Aufsichtsrat und heute auch im Kreistag erkennen können, stehen neben dem Kreishaushalt 2024 auch unsere Kliniken vor immer größer werdenden finanziellen und personellen Herausforderungen. Personell steht unser Gesundheitswesen vor dem Kollaps.
Sowohl mobile Pflegedienste wie die Diakonie- und Sozialstationen als auch Pflegeheime und Kliniken sind chronisch unterbesetzt und der Wettbewerb um ausgebildete Pflegekräfte ist beinhart. Und das im Umfeld einer immer älter werdenden Gesellschaft. Die Abwärtsspirale zulasten von Kranken und Pflegebedürftigen ist in vollem Gange. Nachwuchs für Pflegeberufe zu begeistern, ist eine große Herausforderung. Bei Ausbildungsmessen tummeln sich die jungen Menschen lieber um die Infostände von Porsche, Bosch oder EgeTrans.
Ein weiteres „tödliches Gift“, wie es jüngst ein Kenner der Szene treffend ausgedrückt hat, ist die Zeitarbeit im Gesundheitssektor. Zeitarbeit alter Tradition ist negativ behaftet, wird doch suggeriert, dass Zeitarbeiter schlechtere Arbeitsbedingungen haben als Stammkräfte.
Im Gesundheitssektor ist es genau anders herum. Durch die großen Vorteile von Zeitarbeitern wandern Stammkräfte verstärkt in diese ab. Daher muss die Zeitarbeit im Gesundheitssektor sofort gesetzlich untersagt werden.
Herr Minister Heil, hier ist unverzügliches Handeln Ihrerseits erforderlich – die Kranken und Senioren werden es Ihnen danken!
Denn von dem Mangel an Pflegekräften können wir alle betroffen sein, denn jeden von uns, die wir hier sitzen, kann ein Krankenhausaufenthalt aus den unterschiedlichsten Gründen treffen. Und irgendwann werden viele von uns auch Pflege benötigen.
Hinzu kommt, dass die Zukunftsaussichten unserer Kliniken auch in finanzieller Hinsicht mit großen Unsicherheiten behaftet sind.
Die bestehenden Krisen belasten unsere Kliniken beispielsweise durch die stark gestiegenen Energiepreise oder die hohe Inflation. Es ist erschreckend, wie sehr die Finanzzahlen unserer Kliniken eingebrochen sind. Selbst Maximalversorger wie das Ludwigsburger Klinikum können nicht mehr wirtschaftlich arbeiten. Für die schier endlos dauernden Pflegebudgetverhandlungen fehlt uns jedes Verständnis. Dass die finanzielle Lage der gesetzlichen Krankenkassen ebenfalls schlecht ist, ist ein hausgemachtes Problem. Es gibt einfach viel zu viele Kassen, die jeweils einen teuren Verwaltungsapparat unterhalten müssen. Auch hier sehen wir dringenden Handlungsbedarf der Bundespolitik. Dies wäre ein hervorragendes Betätigungsfeld für Entbürokratisierung.
Durch die angespannte Finanzlage entstehen bei unseren Kliniken Liquiditätsprobleme, der Landkreis muss nun auch das operative Geschäft finanziell stützen. Aus finanzieller Sicht muss der Bund endlich handeln statt weiter zu diskutieren und die strukturelle Unterfinanzierung der Kliniken in Deutschland beseitigen. Dies kann beispielsweise durch eine weitere Konzentrierung der Krankenhauslandschaft erfolgen, auch wenn dies für ländliche Bereiche schmerzhaft sein wird. Aber anders wird die Hochleistungsmedizin in unserem Land nicht mehr finanzierbar sein und der Fachkräftemangel gedämpft werden können.
Bedauerlich ist der aktuelle Stand der Weiterentwicklung des Standortes Bietigheim.
Durch die laufende Krankenhausstrukturreform musste die laufende Planung für die Neukonzeption des Standortes gestoppt und zunächst beendet werden. Dies hat viel Geld gekostet, war jedoch angesichts der unklaren Entwicklungsperspektiven im Krankenhausbereich alternativlos. Seriös können die Planungen erst wieder aufgenommen werden wenn klar ist, wie die Krankenhausstrukturreform final ausgestaltet wird. Dennoch bedeutet dies keinen Stillstand für den Standort Bietigheim. Notwendige Unterhaltungsmaßnahmen im Altbestand müssen trotzdem durchgeführt werden. Dies hat der Aufsichtsrat auch entsprechend beschlossen.
Aber auch moderne Wohngelegenheiten sind für die Personalbindung und die Nachwuchsgewinnung von großer Bedeutung. Daher darf dieses wichtige Themenfeld zeitgemäßer Betriebswohnungen nicht aus dem Blickfeld der Kliniken geraten – trotz gestiegener Baukosten und Zinsen. Denn bezahlbares Wohnen ist und bleibt ein großes Thema im Landkreis.
Trotz aller genannter Probleme stehen die Freien Wähler weiterhin fest zu einer Trägerschaft der Kliniken in der Hand des Kreises.
An dieser Stelle möchte ich gleich zum nächsten Tagesordnungspunkt sprechen. Wir erachten es für sinnvoll, die Kooperation mit dem Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart für den Betrieb von sechs Neugeborenen-Überwachungsplätzen zu beenden und die Kompetenzen vor Ort anzubieten. Dies stellt zweifellos einen Mehrwert für die Patienten in Bietigheim und Ludwigsburg dar.
Abschließend gilt der herzliche Dank der Freien Wählern Ihnen, Herr Professor Martin und Ihrem Führungsteam für die geleistete Arbeit im vergangenen Jahr. Unser großer Dank gilt auch allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Kliniken. Durch den Personalmangel steigt ihre Belastung von Jahr zu Jahr. Nur Dank Ihres großartigen Einsatzes ist es gelungen, dass auch weiterhin vielen kranken Menschen in unserem Landkreis geholfen werden konnte. Angesichts der Entwicklungen der letzten Jahre fällt es allerdings schwer, für Sie positiv in die Zukunft zu schauen, die harte Realität wird uns zeigen, dass wir uns im medizinischen Bereich aus personellen und finanziellen Gründen von gewohnten Standards verabschieden müssen.
Die Freien Wähler werden abschließend den Unternehmensplanungen 2024 zustimmen. Ebenso auch den krankenhauspflegerischen Maßnahmen am Klinikum Ludwigsburg.
Antrag Freie Wähler Kreistags- Fraktion zur Beendigung der Standortsuche für eine Deponie
Sehr geehrte Herr Landrat Allgaier,
die Kreistagsfraktion der Freien Wähler bringt folgenden Antrag ein.
ANTRAG
- Der Kreistag beschließt die Beendigung der Standortsuche für eine Deponie im Landkreis Ludwigsburg.
- Erstellung eines Gutachtens, wie sich die Deponielaufzeiten verändern, wenn ab 2025 weniger, keine Anlieferungen vom Verband Region Stuttgart auf die Deponien des Landkreises Ludwigsburg kommen. Außerdem soll bei dem Gutachten die künftige Entsorgung der mineralischen Abfälle im Landkreis Ludwigsburg betrachtet werden.
BEGRÜNDUNG
Die Laufzeiten der Deponien Froschgraben und Burghof im Landkreis Ludwigsburg sind wesentlich beeinflusst durch die Abfallanlieferungen des Verbandes Region Stuttgart. Diese Anlieferungen sind sobald als möglich zu stoppen. Der Landkreis Ludwigsburg ist hierzu vertraglich gebunden bis Ende 2024. Der Verband Region Stuttgart hat intensive Anstrengungen zu unternehmen, um die Abfallmengen in seinem Verantwortungsbereich ab 2025 nicht mehr im Landkreis Ludwigsburg zu entsorgen. Dem Antragsteller ist klar, dass dies in vollem Umfang nicht sofort möglich ist und dass sich die Standortsuche des Verbandes auf das Verbandsgebiet erstreckt.
Durch den Wegfall, Rückgang der Anlieferungsmengen vom Verband Region Stuttgart werden sich die Laufzeiten der Deponien des Landkreises deutlich verlängern. Deshalb kann das „Aussetzen“ der Standortsuche im Landkreis Ludwigsburg in ein „Beendigen“ überführt werden und ein entsprechender Beschluss des Kreistages gefasst werden.
Für die Fraktion
gez. Rainer Gessler gez. Eberhard Weigele gez. Steffen Döttinger