Kreisrat Jan Trost zum Wirtschaftsplan 2024 der Kliniken

Sehr geehrter Herr Professor Martin,
sehr geehrter Herr Landrat Allgaier,
meine sehr geehrte Damen und Herrn,

Wirtschaftskrise, Bildungskrise, Klimakrise, Regierungskrise, Krise im Pflegebereich – wenn man sich die ganzen aktuellen Krisen zu sehr zu Herzen nimmt, hat man schnell selbst eine persönliche Krise. Dabei kann einem schnell die Hoffnung für eine bessere Zukunft verloren gehen.

Wie wir bereits im Aufsichtsrat und heute auch im Kreistag erkennen können, stehen neben dem Kreishaushalt 2024 auch unsere Kliniken vor immer größer werdenden finanziellen und personellen Herausforderungen. Personell steht unser Gesundheitswesen vor dem Kollaps.

Sowohl mobile Pflegedienste wie die Diakonie- und Sozialstationen als auch Pflegeheime und Kliniken sind chronisch unterbesetzt und der Wettbewerb um ausgebildete Pflegekräfte ist beinhart. Und das im Umfeld einer immer älter werdenden Gesellschaft. Die Abwärtsspirale zulasten von Kranken und Pflegebedürftigen ist in vollem Gange. Nachwuchs für Pflegeberufe zu begeistern, ist eine große Herausforderung. Bei Ausbildungsmessen tummeln sich die jungen Menschen lieber um die Infostände von Porsche, Bosch oder EgeTrans.

Ein weiteres „tödliches Gift“, wie es jüngst ein Kenner der Szene treffend ausgedrückt hat, ist die Zeitarbeit im Gesundheitssektor. Zeitarbeit alter Tradition ist negativ behaftet, wird doch suggeriert, dass Zeitarbeiter schlechtere Arbeitsbedingungen haben als Stammkräfte.

Im Gesundheitssektor ist es genau anders herum. Durch die großen Vorteile von Zeitarbeitern wandern Stammkräfte verstärkt in diese ab. Daher muss die Zeitarbeit im Gesundheitssektor sofort gesetzlich untersagt werden.

Herr Minister Heil, hier ist unverzügliches Handeln Ihrerseits erforderlich – die Kranken und Senioren werden es Ihnen danken!
Denn von dem Mangel an Pflegekräften können wir alle betroffen sein, denn jeden von uns, die wir hier sitzen, kann ein Krankenhausaufenthalt aus den unterschiedlichsten Gründen treffen. Und irgendwann werden viele von uns auch Pflege benötigen.

Hinzu kommt, dass die Zukunftsaussichten unserer Kliniken auch in finanzieller Hinsicht mit großen Unsicherheiten behaftet sind.
Die bestehenden Krisen belasten unsere Kliniken beispielsweise durch die stark gestiegenen Energiepreise oder die hohe Inflation. Es ist erschreckend, wie sehr die Finanzzahlen unserer Kliniken eingebrochen sind. Selbst Maximalversorger wie das Ludwigsburger Klinikum können nicht mehr wirtschaftlich arbeiten. Für die schier endlos dauernden Pflegebudgetverhandlungen fehlt uns jedes Verständnis. Dass die finanzielle Lage der gesetzlichen Krankenkassen ebenfalls schlecht ist, ist ein hausgemachtes Problem. Es gibt einfach viel zu viele Kassen, die jeweils einen teuren Verwaltungsapparat unterhalten müssen. Auch hier sehen wir dringenden Handlungsbedarf der Bundespolitik. Dies wäre ein hervorragendes Betätigungsfeld für Entbürokratisierung.

Durch die angespannte Finanzlage entstehen bei unseren Kliniken Liquiditätsprobleme, der Landkreis muss nun auch das operative Geschäft finanziell stützen. Aus finanzieller Sicht muss der Bund endlich handeln statt weiter zu diskutieren und die strukturelle Unterfinanzierung der Kliniken in Deutschland beseitigen. Dies kann beispielsweise durch eine weitere Konzentrierung der Krankenhauslandschaft erfolgen, auch wenn dies für ländliche Bereiche schmerzhaft sein wird. Aber anders wird die Hochleistungsmedizin in unserem Land nicht mehr finanzierbar sein und der Fachkräftemangel gedämpft werden können.

Bedauerlich ist der aktuelle Stand der Weiterentwicklung des Standortes Bietigheim.

Durch die laufende Krankenhausstrukturreform musste die laufende Planung für die Neukonzeption des Standortes gestoppt und zunächst beendet werden. Dies hat viel Geld gekostet, war jedoch angesichts der unklaren Entwicklungsperspektiven im Krankenhausbereich alternativlos. Seriös können die Planungen erst wieder aufgenommen werden wenn klar ist, wie die Krankenhausstrukturreform final ausgestaltet wird. Dennoch bedeutet dies keinen Stillstand für den Standort Bietigheim. Notwendige Unterhaltungsmaßnahmen im Altbestand müssen trotzdem durchgeführt werden. Dies hat der Aufsichtsrat auch entsprechend beschlossen.

Aber auch moderne Wohngelegenheiten sind für die Personalbindung und die Nachwuchsgewinnung von großer Bedeutung. Daher darf dieses wichtige Themenfeld zeitgemäßer Betriebswohnungen nicht aus dem Blickfeld der Kliniken geraten – trotz gestiegener Baukosten und Zinsen. Denn bezahlbares Wohnen ist und bleibt ein großes Thema im Landkreis.
Trotz aller genannter Probleme stehen die Freien Wähler weiterhin fest zu einer Trägerschaft der Kliniken in der Hand des Kreises.

An dieser Stelle möchte ich gleich zum nächsten Tagesordnungspunkt sprechen. Wir erachten es für sinnvoll, die Kooperation mit dem Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart für den Betrieb von sechs Neugeborenen-Überwachungsplätzen zu beenden und die Kompetenzen vor Ort anzubieten. Dies stellt zweifellos einen Mehrwert für die Patienten in Bietigheim und Ludwigsburg dar.

Abschließend gilt der herzliche Dank der Freien Wählern Ihnen, Herr Professor Martin und Ihrem Führungsteam für die geleistete Arbeit im vergangenen Jahr. Unser großer Dank gilt auch allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Kliniken. Durch den Personalmangel steigt ihre Belastung von Jahr zu Jahr. Nur Dank Ihres großartigen Einsatzes ist es gelungen, dass auch weiterhin vielen kranken Menschen in unserem Landkreis geholfen werden konnte. Angesichts der Entwicklungen der letzten Jahre fällt es allerdings schwer, für Sie positiv in die Zukunft zu schauen, die harte Realität wird uns zeigen, dass wir uns im medizinischen Bereich aus personellen und finanziellen Gründen von gewohnten Standards verabschieden müssen.

Die Freien Wähler werden abschließend den Unternehmensplanungen 2024 zustimmen. Ebenso auch den krankenhauspflegerischen Maßnahmen am Klinikum Ludwigsburg.