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19. April 2022

Stellvertretender Fraktionsvorsitzender Gerd Maisch In der Kreistagssitzung am 8. April 2022 zur Gründung der Bürgergenossenschaft Wohnen

Meine sehr verehrten Damen und Herren,
der Landkreis Ludwigsburg ist nach wie vor eine attraktive Region, um hier zu wohnen und zu arbeiten.

Wir müssen als Gesellschaft dazu beitragen, dass dies so bleibt.
Wir müssen es ermöglichen, dass Arbeitsplätze im Landkreis willkommen sind, dass Wohnraum für die Menschen geschaffen werden kann, die hierher ziehen wollen.

Manchmal habe ich das Gefühl, dass zu viele Menschen satt sind, oder soll ich sagen „egoistisch sind“?
Denn es wird in den Kommunen immer schwieriger, die Rahmenbedingungen zu schaffen, um Arbeitsplätze und Wohnungen zu schaffen.

Trotzdem, es ist in den letzten Jahren noch gelungen, ausreichend Wohnungen zu schaffen. Zumindest nach der Zahl.

Vielleicht ist der eine oder andere von dieser Aussage überrascht, aber schauen Sie sich die Daten, die Fakten an.

Vor 10 Jahren hatte der Landkreis rund 512.000 Einwohner, es gab 245.000 Wohnungen.

Aktuell, zumindest die aktuellsten Zahlen, die beim statistischen Landesamt abrufbar sind, sagen uns, dass der Landkreis 545.000 Einwohner hat und es rund 260.000 Wohnungen gibt.

Die Zahl der Wohnungen ist also mit der Einwohnerentwicklung mitgegangen.

Vor 10 Jahren gab es keine Wohnungsnot, wie wir sie heute wahrnehmen.

Was ist also das größere Problem?

Es sind die Kosten für den Bau oder Erwerb von Wohnungen und in der Folge davon die Mietentwicklung.

Die Mieten sind in den letzten Jahren dramatisch gestiegen. Immer höhere Anforderungen an die Gebäude treiben die Kosten nach oben. Aktuelle Herausforderungen, überhaupt noch ausreichend Baustoffe zu bekommen, verschärfen die Situation weiter und machen es vielen sehr schwer, eine Wohnung zu finden, die sie auch bezahlen können.

Deshalb ist es richtig, dass wir im Landkreis, hier im Kreistag und in den Kommunen Wege suchen, mehr Wohnungen zur Verfügung zu stellen, die kostengünstiger sind.

Eine Überlegung und sicherlich auch eine Möglichkeit ist die heute zur Beratung anstehende Baugenossenschaft.

Ein genossenschaftliches Modell ist sicherlich ein guter, ein machbarer Ansatz.

Wird die Genossenschaft die Lösung aller Probleme sein?

Nein, natürlich nicht.

Hoffentlich ist es mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein, in jedem Falle werden es für die Kommunen teure Tropfen.

Die Baupreise werden wir damit nicht steuern können, das niedrige  Zinsniveau, das ja mit dazu beigetragen hat, dass der Markt überhitzt ist, können wir als Kreistag auch nicht beeinflussen. Auch wenn die Zinsen derzeit wieder steigen, zu einem Rückgang der Immobilienpreise wird dies kaum führen.

Aber es kann mit der Baugenossenschaft gelingen, eine gewisse Zahl Wohnungen dauerhaft zu Mietpreisen zu Verfügung zu stellen, die unter dem Marktpreis liegen.

Das ist gut. Deshalb werden wir als Freie Wähler der Gründung der Genossenschaft mehrheitlich zustimmen und auch die Anschubfinanzierung mittragen.

Sie merken daran, dass wir nicht 100% überzeugt sind.

Warum nicht?

Aus Sicht des Landkreises und des Kreistages sind die eingesetzten Mittel überschaubar.

Die Musik spielt in den Kommunen, diese sollen ja ihre baureifen Grundstücke in die Genossenschaft einbringen, im Gegenzug dafür gibt es Anteile an der Genossenschaft, die über Jahre hinaus nicht verzinst werden, später vielleicht, aus meiner Sicht sehr, sehr viel später einmal mit max. 3%.

Es ist ja klar, wenn bei hohen Baukosten niedrige Mieten herauskommen sollen, muss das irgendjemand bezahlen.

Die Fördermittel des Staates reichen dafür nicht, also der Staat macht viel zu wenig, deshalb müssen wieder einmal die Kommunen in die Verantwortung.

Was ist das Ergebnis?

Die Kommunen bringen den Wert ihrer Baugrundstücke ein, um auf diesen Grundstücken günstigere Wohnungsmieten zu ermöglichen.

Es ist eine hohe Investition für die Kommunen, die dauerhaft viel Kapital für relativ wenige Wohnungen bindet.

Ob das der richtige Weg für die Kommunen ist, oder ob man mit dem Kapital der Grundstücke auch auf anderem Wege Wohnungen schaffen kann, muss jede Kommune für sich auf Grund ihrer örtlichen Situation entscheiden.

Wir wollen mit der Zustimmung zur Gründung der Genossenschaft diese Entscheidungsmöglichkeit den Kommunen eröffnen.

Aber das ist nur eine Möglichkeit für die Kommunen, wenn sie andere Wege gehen, ist das für uns genauso gut. Vielleiht ist je nach örtlicher Situation sogar der bessere Weg.