Rede von Rainer Gessler
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Kreistagsarbeit ist beim Thema Finanzen in „Schwerer See“. Die Entwicklung macht mich in gewisser Hinsicht ratlos! Warum? Kreisumlage derzeit 36 Punkte – Die Tendenz ist steigend! Ein Beispiel für die steigenden Ausgaben im Sozialbereich:
Die Grundsicherung
Die Grundsicherung sollte den Landkreis eigentlich nichts kosten – Bund hatte sie per Gesetz eingeführt. Aus Vorahnung – es könnte nicht reichen – wurden vom Landkreis 2 Mio. Euro für das Jahr 2003 eingestellt. Die Abrechnung für das Jahr 2003 zeigte dann, es wurden 3,2 Mio. Euro benötigt. Warum? Es wurde eine neue Anspruchsebene geschaffen, die früher durch das „Miteinander“ abgedeckt wurde. Mitbürger, die früher keinen Antrag „auf Unterstützung“ gestellt hatten, haben nun einen gestellt – das ist normal, wenn die Möglichkeit besteht.
Konsequenz allerdings auch dieses Beispieles ist: Eine höhere Kreisumlage für Städte und Gemeinden. In der heutigen Finanzsituation ist eine Weitere Konsequenz. Leistungen, Angebote bei den Städten und Gemeinden müssen gestrichen werden – Möchte als konkretes Beispiel die aus finanziellen Gründen notwendig gewordene Freibadschließung der Stadt Sachsenheim. Die Stadt konnte auf einmal ein über Jahrzehnte aufrecht erhaltenes Angebot nicht mehr finanzieren.
Positives Entwicklung: Es gründet sich ein Freibadverein, im Falle Sachsenheim der dieses nun weiterbetreibt. Das Netzwerk „Eigenverantwortung und Miteinander“ hat hier sehr gut funktioniert. Ob dies immer so laufen kann ist fraglich. Deshalb zurück zum Thema Grundsicherung. Eine fundamentale Forderung der Freien Wähler „Wer bestellt bezahlt“ und nicht (jetzt auf die Spitze getrieben) der Bund und das Land (Schülerbeförderung) bestellen und die Kommunen müssen Einrichtungen schließen, weil der Bund und das Land nicht ausreichend Mittel zur Verfügung stellen, das droht uns bisher auch beim Thema „Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe (Hartz IV).
Die Kreisumlage 2005 wird höher sein als 2004. Es ist die Rede von 39 bis 43 Punkten – im Augenblick angesichts der kommunalen Kassenlage „unvorstellbar“:
Gründe für diese Entwicklung: Ausgaben für den Landeswohlfahrtsverband, Eingliederungshilfe, Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe(Hartz IV), Alles Punkte: Ausgabensteigerungen für den Landkreis, von Außen verursacht.
Für die Freien Wähler im Kreis bedeutet dies, trotz einer gewissen Ratlosigkeit „Was wird uns noch zugemutet?“ Wir sparen trotzdem.“ Das neue Handlungskonzept des Landkreises bietet hierzu gute Anhaltspunkte. Wir haben zusätzliche Vorschläge gemacht, beispielsweise die Übertragung von Aufgaben an Freie Träger im Jugendhilfebereich.
Verwaltungsreform:
Die Verwaltungsreform wird zum 1. Januar 2005 umgesetzt. Ein Problem kann die Finanzierung der Reform werden. Die Landräte haben dem Land zugesagt, dass eine „Effizienzrendite“ von 20 % in 5 bis 7 Jahren möglich sei. Wir haben gewisse Zweifel, ob eine Einsparung in dieser Höhe zu erreichen ist.
Zwei Dinge sind aus unserer Sicht zwingend erforderlich:
Die Landkreise sind gefordert, ein Verfahren zu entwickeln, das Kostentransparenz herstellt. Das ist in Arbeit. Es muss nachgewiesen werden können, wie hoch die Einsparungen tatsächlich sind. Notfalls muss mit dem Land nachverhandelt werden, die vor kurzem beschlossene Revisionsklausel gibt die Möglichkeit dazu. Es kann und darf nicht sein, dass die Städte und Kommunen Aufgaben des Landes über die Kreisumlage finanzieren. (Beispiel: Schülerbeförderung, leidvoll erlebt)
Die Freien Wähler fordern, dass mit der Verwaltungsreform zwingend ein Aufgabenabbau und eine Reduzierung der Standards in den verschiedensten Bereichen erfolgen muss. Dafür sind die Landkreise nur zum Teil zuständig. Die wesentlichen Zuständigkeiten liegen beim Bund und bei den Ländern.
Abfallwirtschaft:
Angenehmerweise ist dies inzwischen ein erfreuliches Thema, nach den Problemen, die wir hatten. Mitte der 90er Jahre lagen wir bei den Gebühren mit an der Spitze. Nun blicken wir auf sechs Jahre mit jährlichen Gebührensenkungen zurück. Bei den Hausmüllgebühren für die Privaten Haushalte liegen wir inzwischen wieder deutlich unter dem Schnitt mit 145,94 Euro pro 4 PHH im Landkreis. 4 PHH in Baden Württemberg – (88 bis 320 Euro pro 4 PHH). Beim Gewerbe liegen wir nun bei 47,11 Euro pro Tonne (2003: 55,– bis 571,– Euro pro Tonne Sigmaringen) und dies alles bei einem brauchbaren Standard, d.h. auch Papier und Glas wird beim Bürger abgeholt..
Die Freien Wähler werden weiter darauf achten, dass wirtschaftlich gearbeitet wird und die Gebühren auf dem niederst möglichen Niveau bleiben.
Kliniken:
Im Landkreis Ludwigsburg haben wir keine Standort-, Neubau-, oder Managementdiskussionen. Die Kliniken leisten eine gute Patientenversorgung und kommen mit 5 Mio. Euro Kreiszuschuss seit vielen Jahren aus. Mit der Gründung der Kliniken GmbH wurden die Weichen im Landkreis rechtzeitig gestellt. Die Holding mit den Krankenhäuser des Enzkreises halten wir für richtig und zukunftsweisend.
Pflegeheime:
Mit der Kleeblatt GmbH im Landkreis gibt es einen guten kommunalen Träger für die Pflegeheimversorgung im Landkreis neben den Freien und Privaten Trägern. Die Freien Wähler im Kreistag haben sich erfolgreich dafür eingesetzt, dass auch das ehemalige Kreisaltenheim Freudental unter das Dach der Kleeblatt GmbH kommt, denn nur damit ist es und der Standort zukunftsfähig gewesen. Wir setzen für die Zukunft auch weiterhin auf strukturelle Bereinigungen, wie beim Altenheim des Landkreises in Freudental. Es freut uns, dass in Freudental nun ein dringend benötigtes „Demenzzentrum“ im Landkreis entsteht, bei einem Träger, dessen tägliche Arbeit die gute Versorgung unserer älterer Mitbürgerinnen und Mitbürger im Kreis ist. Der Landkreis hat viele Aufgaben, unser Anliegen ist: Nur das was unbedingt notwendig ist, soll er selbst machen.
Berufsschulen:
Die Berufsschulen im Landkreis wurden baulich in den letzten Jahren ertüchtigt und sind in einem guten Zustand. Sie bieten den jungen Menschen im Landkreis eine gute Starthilfe für das Berufsleben. Wir setzen uns dafür ein, dass das hohe Niveau erhalten bleibt. Trotzdem haben wir angeregt, dass der Schuletat – wegen der Finanzsituation – leider auch eine gewisse Reduzierung erfährt, weil wir bei genauer Durchsicht des Etats dies für vertretbar hielten. Dieses Vorgehen steht bei vielen Städten und Gemeinden schon seit einigen Jahren an der Tagesordnung. Eine Entwicklung, von der wir uns nicht abkoppeln können.
Zusammenfassung:
Es gibt derzeit einige Pluspunkte in der Kreispolitik, wie die Abfallgebühren, der Stand der Berufsschulen, die positive Entwicklung der Kliniken in schwierigem Umfeld, die Kleeblatt GmbH verbunden mit der allgemeinen Pflegeheimversorgung im Kreis, aber auch ein dickes Minus beim Thema Finanzen. Es droht nach 32 Umlagepunkten im Jahr 2002 ein hochschnellen im Jahr 2005 auf möglicherweise rd. 42/43, wenn der „worst case“ eintritt. Das würde 10 Punkte mehr Kreisumlage oder 30 Prozent Steigerung oder 40 Mio. Euro mehr bedeuten und das innerhalb von wenigen Jahren. Da wären die wohl unvermeidbaren 39 Kreisumlagenpunkte fast schon angenehm, obwohl auch diese viele Städte und Gemeinden vor unangenehme Konsequenzen stellt. Diese Entwicklung ist fremdbestimmt und uns von außen aufgedrückt. Die Freien Wähler sparen trotzdem – auch beim Haushalt 2005, auch wenn nur noch Beträge zusammenkommen könne, die vielleicht max. einen halben Punkt Kreisumlage bringen. Wir hatten beim Landkreis schon einige Sparrunden in den letzten Jahre, unser Spielraum ist schon ziemlich ausgepresst.
Die Freien Wähler sind für eine strikte Ausgabendisziplin – soweit es unsere Einflussmöglichkeiten betrifft – dies sind wir den Städten und Gemeinden schuldig.