Freie Wähler: Geld der Kommunen kann nicht 2x ausgegeben werden

Region soll sich auf ihre Kernaufgaben beschränken

Kreis muss weiter auf die Ausgabenbremse treten

Die Freien Wähler Baden-Württemberg, die stärkste politische Kraft in den Kommunalparlamenten des Landes, geht mit einem klaren Bekenntnis zur Region Stuttgart in die anstehenden Regionalwahlen. Gleichzeitig warnte Heinz Kälberer, Landesvorsitzender sowie Fraktionschef der Freien Wähler im Regionalparlament, davor, die Region mit Aufgaben zu befrachten, die in den Städten und Gemeinden besser und zielgerichteter erledigt werden könnten. Vor allem aber sei es angesichts der problematischen Kassenlage der Kommunen dringend geboten, ,,dass sich der Verband Region Stuttgart auf seine wirklichen Kernaufgaben beschränkt’’, sagte Kälberer auf der zentralen Kommunalwahl-Veranstaltung der Freien Wähler des Kreises Ludwigsburg in der Besigheimer Kelter.

Er verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass die Region Stuttgart – über die verschiedenen kommunalen Umlagesysteme – letztendlich von den Städten und Gemeinden finanziert werde. Darauf müsse bei allen finanzwirksamen Beschlüssen der Regionalversammlung Rücksicht genommen werden. Kälberer: ,,Es müssen stets alle Ebenen und Aufgaben berücksichtigt werden, die mit demselben Geld finanziert werden.’’

Der Landesvorsitzende der Freien Wähler betonte nachdrücklich, dass der Verband Region Stuttgart bei der Erledigung seiner ,,regional bedeutsamen Aufgaben’’ stets auf die Unterstützung der Freien Wähler bauen könne – als Beispiele nannte Kälberer die Neue Messe, Stuttgart 21, die Wirtschaftsförderung sowie den Öffentlichen Personennahverkehr. Außerdem müsse uneingeschränkt anerkannt werden, dass der Verband Region Stuttgart in den zurückliegenden Jahren ,,beachtliche finanzielle Erfolge’’ erzielt habe – etwa bei der Optimierung der S-Bahn-Versorgung oder durch die Rekrutierung von EU-Fördermitteln in Millionen-Höhe.

Bei aller prinzipiellen Zustimmung zur Region müsse aber an der Forderung nach einer Politik festgehalten werden, die den Kommunen noch Luft zum Atmen lasse. In 2004, so rechnete Kälberer vor, würden die 179 Städte und Gemeinden in der Region den Verband mit insgesamt 73 Millionen Euro finanzieren, im Jahr 2007 seien es dann – wegen höherer Verwaltungs-, Vermögens- und Verkehrsumlagen – bereits 87,4 Millionen Euro. In dieser Situation müsse sich die Region ausschließlich auf das Machbare, ihre zentralen Aufgaben – und damit auch Ausgaben – beschränken.

Kälberer verwies darauf, dass im Rahmen der Haushaltsberatungen von den anderen Fraktionen im Regionalparlament mehr als 20 Anträge gestellt worden seien, ,,die Geld kosten und bei denen die Frage gestellt werden muss, ob es sich hierbei wirklich um Aufgaben der Region handelt.’’
Genannt seien nur die Produktion eines Freizeitführers ,,Spiel und Spaß für Kinder und Familie’’, eine Machbarkeitsstudie für ein Haus des Weins in der Region Stuttgart oder die Gründung einer regionalen Energie-Agentur.
Zum Glück sei wenigstens ein Teil dieser Anträge in der Regionalversammlung abgelehnt worden – mit den Stimmen der Freien Wähler.

Was die Trägerschaft und Koordinierung von regional bedeutsamen Kongressen sowie Kultur- und Sportversammlung durch die Region anlangt, so könne es nicht sein, ,,dass der Verband Region Stuttgart mit kommunalem Geld irgendwelche Events in der Region finanziert und gleichzeitig die Städte und Gemeinden ihre Leistungen an Vereine, Jugendmusikschulen usw. kürzen oder gar streichen müssen’’, sagte Kälberer.

Der Freie-Wähler-Vorsitzende begrüßte es, dass die Zuständigkeit für den Busverkehr wohl bei den Landkreisen bleiben werde, da die Verkehrspolitik dort eher ,,an dem finanziell Machbaren ausgerichtet werde’’. Ebenso sinnvoll sei es aber, die Ausschreibung der Busverkehre auf die Region zu übertragen. Hier könne am ehesten ,,alles ausgelotet werden, um in einer Ausschreibung die besten finanziellen Konditionen zu erreichen.’’
Kreis finanziell in schwerer See

Die Arbeit der Freien Wähler im Ludwigsburger Kreistag ist von dem Bemühen geprägt, den Kreishaushalt auch in finanziell schweren Zeiten nicht völlig aus dem Ruder laufen zu lassen und die verbleibenden, äußerst geringen Handlungsspielräume zum Wohle der Städte und Gemeinden zu nutzen. Der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler im Kreistag, Rainer Gessler, wies auf die geradezu dramatische Entwicklung bei der Kreisumlage hin. Diese belaufe sich derzeit auf 36 Prozentpunkte und schon jetzt sei absehbar, dass sie 2005 weiter steigen werde, die Rede sei von 39 bis 43 Punkten – dies sei angesichts der schwierigen kommunalen Kassenlage ,,eigentlich unvorstellbar’’.

Schon heute seien schließlich viele Kommunen dazu gezwungen, Leistungen zu streichen. Als Beispiel nannte Gessler die Stadt Sachsenheim, die ihr Freibad schließen musste. Dieses wird inzwischen übrigens durch einen privaten Freibadverein betrieben – ein Musterbeispiel für ,,Eigenverantwortung und Miteinander.’’ Gessler betonte, dass die bedrohliche Schieflage der Finanzen in Kommunen und Kreis in erster Linie dadurch entstanden sei, dass Bund (Eingliederungshilfe, Grundsicherung) und Land (Schülerbeförderung) Aufgaben auf die Kommunen übertragen hätten ohne für einen adäquaten Ausgleich zu sorgen – dies drohe nun erneut beim Thema der Zusammenlegung der Arbeitslosenhilfe mit der Sozialhilfe (Hartz IV).
Der Ludwigsburger Kreistags-Fraktionschef verwies aber auch auf einige positive Entwicklungen im Kreis. Die Abfallgebühren seien deutlich unter den Landesdurchschnitt gedrückt worden, die Entwicklung bei den Kliniken sei ,,in schwierigem Umfeld’’ ebenso positiv wie bei den Pflegeheimen oder Berufsschulen.

Dennoch ist es nach Überzeugung der Freien Wähler unverzichtbar, auch weiterhin auf die Kostenbremse zu treten, selbst wenn dies im Einzelfall schmerzhaft sei und sich derzeit nur noch geringe Sparrenditen erzielen ließen. Als Beispiel nannte er die Übertragung von Aufgaben im Jugendhilfebereich an Freie Träger.

Ingesamt, so Gessler, sei eine strikte Ausgabendisziplin des Kreises jedenfalls unerlässlich, dies sei man schon allein den Städten und Gemeinden im Kreisgebiet schuldig.