Stellvertretender Fraktionsvorsitzender Gerd Maisch zum Kreishaushalt 2022

Sehr geehrter Herr Landrat Allgaier,
lieber Kolleginnen und Kollegen,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

der Haushaltsplan 2022 wurde im Oktober eingebracht, in den Ausschüssen beraten und die seit der Einbringung bekannt gewordenen Änderungen eingearbeitet.

Der Plan schließt mit einem Verlust im Ergebnishaushalt von rund 9 Mio. Euro. Angesichts von fast 200. Mio. Überschüssen von 2012 bis 2020 haushaltsrechtlich völlig harmlos. Der erwartete Finanzierungsmittelbedarf von rund 34 Mio. Euro soll über 20 Mio. € neue Kredite gedeckt werden. Da auch 3,6 Mio. getilgt werden, beträgt die Nettokreditaufnahme ca. 16,4 Mio. Euro. 17,5 Mio. sollen über die vorhandenen Rücklagen gedeckt werden. Das ist alles im grünen Bereich.

Die Freien Wähler werden diesem Haushaltplan zustimmen. Er ist in der Gesamtbetrachtung in Ordnung, die finanzierten Maßnahmen angemessen. Der Plan muss keine Vorbelastungen aus den vergangenen Haushaltsjahren verkraften, im Gegenteil, das Jahr 2020 war besser als geplant, das laufende Jahr 2021 wird auch besser abschließen. Die Steuerschätzung vom November brachte für den Landkreis weitere Verbesserungen, der Plan ist also nicht auf Kante genäht.

Deshalb ist es nicht nur vertretbar, den Kreisumlagehebesatz auf dem bisherigen Stand zu lassen, sondern geboten. Wenn man gewollt hätte, wäre auch eine Absenkung machbar gewesen. Denn die kreisangehörigen Kommunen stehen schlechter da als der Landkreis.

Wir haben in der letzten VA Sitzung darum gebeten, eine Übersicht der Haushaltsdaten der kreisangehörigen Kommunen bis zum 1. Finanzzwischenbericht 2022 vorzulegen, dann wird deutlicher, ob der notwendige Interessenausgleich zwischen Landkreis und Kommunen gewahrt ist.

 

Die Finanzsituation des Landkreises ist heute noch gut, die kommenden Jahre beinhalten aber auch Herausforderungen.

Deshalb sind wir Freien Wähler enttäuscht, dass wir nach rund zwei Jahren „darüber reden“ immer noch keine Vorlage bekommen haben, wie wir künftig die Finanzierung der Kliniken vornehmen wollen.

Mehrere 100 Millionen Euro stehen an.

Wir haben deshalb einen Antrag formuliert, mit dem wir die Kreisverwaltung auffordern, einen Vorschlag zu erarbeiten und diesem den Kreistag zur Beschlussfassung vorzulegen.

Wir wollen und brauchen Klarheit für alle!

 

Denn weitere große Herausforderungen kommen aus dem Verkehrsbereich.

Wir alle wollen eine Verbesserung des ÖPNV Angebotes, dies wird aber nicht zum Null-Tarif zu bekommen sein, weder im Bau, noch im Betrieb.

Und ich meine damit nicht nur die Stadtbahn und die Reaktivierung der Strecke nach Markgröningen, sondern auch die bei der Region bereits in die Wege geleiteten Ausbaumaßnahmen bei der S Bahn samt Taktverdichtung und die sich daraus ergebenden Frage der Busverkehre.

Die Verkehrsumlage der Region wird mittelfristig explodieren, weil die Fahrgelderlöse nicht steigen, was angesichts von anderen Arbeitsformen, Stichwort: Homeoffice, eher nicht zu erwarten ist.

Darauf müssen wir Antworten finden, eine langfristige Finanzprognose für Kliniken und ÖPNV wäre da hilfreich! Vielleicht sollte diese die Kreisverwaltung mal erarbeiten.

Zur Mobilität gehört aber nicht nur die schienengebundene. Wir brauchen auch Radwege und Straßen. Freie Wähler sind nüchterne Realisten, deshalb wissen wir, dass wir auch in der Zukunft Geld für den Ausbau und Instandhaltung von Kreisstraßen benötigen werden. Wir sind bereit, das notwendige Geld dafür bereitzustellen. Denn individuelle Mobilität wird auch in Zukunft wichtig sein, um unsere Wirtschaft so am Laufen zu halten, damit sie die Transformation schafft und der Wohlstand für uns alle erhalten bleibt.

 

Angesichts dieser Herausforderungen können wir zufrieden sein, dass wir in der Abfallwirtschaft und den Kreisschulen solide unterwegs sind und uns keine Überraschungen bevorstehen. Denn auch in anderen Bereichen gibt es Veränderungen. Die Corona Pandemie verursacht an vielen Stellen Kraftakte. Wir stimmen zu, dass die Mitarbeitenden in den Kliniken eine Anerkennungsprämie erhalten.

Wir wollen auch, dass die freien Träger in der Sozialarbeit und Jugendhilfe wie bisher unterstützt werden, denn auch diese sind wichtige Player in Pandemiezeiten.

 

Ein weiterer Bereich hat erst während der Beratungen zur Änderung des Haushaltsplans geführt. Der Bereich Asyl und Flüchtlinge.

8,6 Mio. Euro für neue Unterkünfte sind in den Haushaltsplan aufgenommen worden. Ein großer Betrag, aber sicherlich notwendig angesichts der bereits bekannten Zahlen und den Zugängen, die zu erwarten sind. Der Kreis und die Kommunen sind diejenigen, die die Lösungen zur Unterbringung präsentieren müssen.

Wie viele untergebracht werden müssen, entscheiden andere….

Eine ungleiche Aufgabenverteilung….

 

Eine weitere schon aktuelle Herausforderung stellt das Thema Wohnungsbau dar.

Es ist der Spagat zwischen Flächen schonen und Wohnraum schaffen. Diesen Spagat müssen vor allem die Kommunen schaffen. Unterstützen kann der Landkreis insbesondere in der helfenden, positiven Begleitung bei Bebauungsplänen und als Baurechtsbehörde im Genehmigungsverfahren. Gerade bei den Genehmigungsverfahren erkennen wir lange Bearbeitungszeiten. Wir wundern uns deshalb immer wieder, ob bei der Anmeldung zu weiteren Personalbedarf die Prioritäten im Landratsamt richtig gesetzt werden.

Sicherlich können über das angedachte Genossenschaftsmodell kostengünstige Mietwohnungen entstehen, aber es ist auch klar, wer die Zeche bezahlen müsste, nämlich die Kommunen, indem sie baureife Grundstücke kostenlos zur Verfügung stellen. Ob das die Lösung darstellt? Oder nur der Tropfen auf den heißen Stein sein wird? Und möglicherweise die verbleibenden Grundstücke noch weiter verteuert?

Fragen, die im weiteren Verlauf geklärt werden müssen.

Ob die Kommunen angesichts ihrer Aufgabenvielfalt und Haushaltssituation so einfach ihre Grundstücke ohne Erlös in die Genossenschaft einbringen können und dürfen, wird sich auch zeigen. Das Landratsamt ist ja immerhin auch Rechtsaufsichtsbehörde von 33 kreisangehörigen Kommunen, ich bin gespannt wie sie diesen Spagat bei der Genehmigung der Haushalte bewältigen.

 

Gerne würde ich noch auf weitere Themen eingehen, den wichtigen Klimaschutz, die Organisation und den Personalbedarf des Landratsamtes und vieles mehr. Darauf verzichte ich angesichts der knappen Zeit aber.

Zusammengefasst ist also der Haushalt 2022 in Ordnung, die Herausforderungen stellen sich in den kommenden Jahren. Der Blickwinkel muss schnell über die Finanzplanung hinausgehen, damit wir in ein paar Jahren nicht von der Entwicklung überrollt werden und uns zu harten Schritten und Schnitten zwingt.

 

Wir stimmen dem Haushaltsplan zu, verbunden mit dem Dank an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kreisverwaltung für die Arbeit im vergangenen Jahr, besonderer Dank gilt der Kämmerei für die Aufstellung des Planwerks.